Das geschlossene Pseudonym ist ein Thema, mit dem ich mich in den letzten eineinhalb Jahren häufig beschäftigt habe. Die Veröffentlichung eines Buches, bei dem ich als Autor(in), theoretisch oder auch tatsächlich, vollkommen anonym bleibe, ist das letzte große Experiment, mit dem ich mich als Selfpublisher beschäftigen möchte. In diesem Artikel gehe ich auf Fragen, die ich mir selbst gestellt habe, auf Lösungsansätze zur Wahrung der Anonymität und auf die Gründe zur Wahl eines geschlossenen Pseudonyms ein.

Die Gründe

Wieso bringt man ein Buch unter einem völlig anderen Namen und ohne die Vorteile eines etablierten Autorenpseudonyms heraus?

Nun, dafür kann es viele Ursachen geben. Ich selber habe meine ersten Bücher in einer Zeit veröffentlicht, in der ich dies „nur“ nebenberuflich tat. In meinem Berufsalltag hatten diese „Hobbys“ nichts verloren. Mein Chef hätte mir den Hals umgedreht, immerhin habe ich damals global wichtige Kunden betreut und die hätten es sicher nicht verstanden, wenn sie plötzlich unter meinem Namen veröffentlichte Geschichten über Jungen und Mädchen mit Zauberkräften oder der Fähigkeit, sich via Direkt-Hirn-Link in das Internet einzuklinken, im Netz gefunden hätten.

Grund Nummer eins wäre also: Die Angst, sein Umfeld zu verärgern oder gar zu beschämen.

Weiterhin kann man sich als Erstveröffentlicher ja nie sicher sein, dass dieses Debüt auch Erfolg haben wird. Was, wenn es floppt? Dann wäre der Name verbrannt. Wenn es dann auch noch der eigene Name ist, doppelt ärgerlich. Damals wählte ich also ein Pseudonym, weil ich meine Privatsphäre und meine Reputation schützen wollte. Nun ja. Und, um einer Kündigung aus dem Weg zu gehen.

Heute jedoch habe ich keine Angst mehr vor den etwaigen Folgen. Dennoch plane ich eine Veröffentlichung unter einem geschlossenen Pseudonym. Und mein Grund ist dieses Mal schlicht … Neugierde.

Ich möchte herausfinden, was passiert, wenn man ein Buch auf den derzeit extrem überladenen Markt wirft. Ohne Fanbase, ohne die Möglichkeit aktiv Werbung zu betreiben. Dafür innerhalb eines klassischen Genres. Nichts Extravagantes. Nichts Nischiges. Gleichzeitig aber ohne die gängigen Anfängerfehler eines Selfpublishers zu machen. Fehler, die wir alle – mich eingeschlossen – gemacht haben. Ohne das Buch zu hochpreisig anzubieten. Ohne den falschen Veröffentlichungstermin zu wählen. Ohne schlechte Formatierung und ohne mieses Cover.

Das Experiment

Das Experiment ist oftmals der Grund für die Wahl eines neuen Pseudonyms. Eventuell hat man bereits mehrere Bücher, erfolgreich oder auch nicht, unter einem anderen Namen herausgebracht. Vielleicht sehnt man sich nach Abwechslung, nach neuen Herausforderungen? Bei mir ist das so. Darum umfasst mein Experiment folgende Kriterien. Kann man ein Buch erfolgreich an den Leser bringen, wenn …

  • … man keine Fanbase, keine Community und keine bestehende Reichweite nutzen kann?
  • … das Autorenpseudonym völlig unbekannt ist?
  • … man im Prinzip keinerlei Werbemaßnahmen starten kann?

 

Geschlossen … das sagt sich so leicht.

In unserem Land ist es nicht möglich, anonym zu veröffentlichen. Bietet man einen kommerziellen Text an, muss man als Urheber erreichbar und identifizierbar sein. Man braucht eine Adresse und einen Namen, unter dem die Leser, der Staat und – im schlimmsten Fall ein Kläger – einen erreichen können.

Wie also kann man bewerkstelligen, dass das Pseudonym auch wirklich in keinerlei Beziehung zum eigenen Namen oder einem bereits verwendeten Autorenpseudonym steht? Diese Fragestellung betrifft insbesondere das Impressum des Buches aber auch die Nebenerscheinungen im Rahmen der Werbung. Die Facebook-Seite beispielsweise. Oder eine eventuell geplante Website.

Ich hatte das Glück die Leistungen des Papyrus Autor Autoren Clubs nutzen zu können. Wer sein Buch mit der Software schreibt, hat Anspruch darauf und kann die Kontaktdaten der Softwarefirma im Impressum nutzen. Sowohl im Buch, als auch auf seiner Website und auf den Plattformen der sozialen Medien. Doch die Gerüchteküche hat mit zugetragen, dass diese Möglichkeit mittlerweile nicht mehr besteht. (Korrigiert mich gerne.)

Aber es gibt andere Möglichkeiten. Adressdienste lassen sich auch schon für kleines Geld buchen. Zwar kann es hier teuer werden, wenn man plötzlich den Bestseller landet und regelmäßig Pakete von Fans bekommt, doch das wäre dann wohl das geringste Übel. Wer seine eigene Adresse noch nie im Netz veröffentlicht hat, diese auch nicht im Telefonbuch steht und noch nie für einen anderen Autorennamen verwendet wurde, kann sein Pseudonym auch mit dieser eigenen Adresse koppeln. Einfach den Namen an den Briefkasten und die Adresse ins Impressum. Fertig. Wer es ganz ordentlich haben will, meldet den Namen noch als Künstlernamen beim Einwohnermeldeamt an. Auch das wäre eine Möglichkeit anonym zu bleiben. Nicht sehr elegant, aber tauglich.

Welches Pseudonym?

Bei der Wahl des Namens sollte man aufmerksam sein und innerhalb des anvisierten Genres recherchieren. Natürlich kann ich hier nur von mir sprechen, aber auch die Eitelkeit spielt eine Rolle. Ein völlig frei erfundener Name kommt für mich nicht infrage. Was auch der Grund ist, wieso mein (vorerst) geschlossenes Pseudonym ein Anagramm meines realen Namens ist. Aber, wie schon gesagt, Recherche ist ebenfalls wichtig. Ist euch schon einmal aufgefallen, dass die meisten Thriller-Autoren einen zweisilbigen Vornamen und einen einsilbigen Nachnamen haben? Bzw. andersherum trifft auch zu. Patrick Lee, Ken Follett, Jo Nesbø, Chris Carter, Arne Dahl, John Grisham … Ja, das ist tatsächlich so. Wer also innerhalb eines bestimmten Genres recherchiert, wird auf signifikante Gemeinsamkeiten bei den Genre-Giganten stoßen. Das sollte man nicht außer Acht lassen.

Fazit

Es ist definitiv möglich in Deutschland unter einem geschlossenen Pseudonym zu veröffentlichen. Auch kann die Wahl des richtigen Namens beim Erfolg des Buches oder der Bücher behilflich sein. Einzig eine Garantie auf Erfolg gibt es nicht. Hier gelten, wie beim offenen Pseudonym oder gar dem eigenen Namen auch, die gleichen grausamen Regeln. Regeln, die sich in folgende Punkte zusammenfassen lassen:

  • stimmt das Timing?
  • habe ich Glück?
  • ist meine Geschichte gefragt?
  • stimmt die Qualität meines Buches (Buchsatz, Cover, Korrektorat, Lektorat)?
  • ist der Plot gut?
  • und, der wichtigste Punkt: Habe ich Talent?