Wie jedes Jahr lasse ich die Zivilisation hinter mir und ziehe mich in meine Wildnis zurück. Nur gelegentlich von ein paar Tagen Büroarbeit unterbrochen sind diese etwa 40-50 Tage im Jahr meine einzige Möglichkeit, um zu schreiben. In dieser Zeit kümmere ich mich um das aktuelle Buchprojekt. Dieses Jahr soll es ein Liebesroman werden. Neuland für mich. Zumindest irgendwie.

In der Vergangenheit entstanden in der Wildnis Jugendbücher. Es wurde gekämpft, befreit, geflüchtet. Aber auch in diesen teils apokalyptischen und dystopischen Geschichten gab es stets eine ordentliche Portion Liebe. Somit bin ich optimistisch und wage mich an das „neue“ Genre heran.

Der Start ist erfolgversprechend. Fast schon mühelos summieren sich die Wörter auf meinem Notebook. Ich finde mich schnell in die Geschichte ein und nach Etappe zwei im ländlichen Umfeld habe ich die magische 30.000 Wörter Grenze überschritten. Doch daheim warten bereits Cover-Kunden und Buchhaltungspflichten. Diese Unterbrechung, gepaart mit dem immer schlechter werdenden Wetter, sorgen für eine kleine Blockade. Ich komme sozusagen ins Stolpern. Trotzdem werden es zum Ende der dritten Etappe immerhin noch stolze 43.000 Wörter. Mein anvisiertes Ziel sind 55.000-65.000.

Allerdings geht es in der Wildnis ja nicht ausschließlich ums Schreiben. Besonders wichtig sind auch die Arbeiten am Grundstück meiner Familie, schließlich sollen Haus und Schuppen auch in zehn Jahren noch stehen. Dieses Jahr ist der Zaun mal wieder an der Reihe. Bis zum Ende meiner Wildniszeit muss er gestrichen sein. Ein paar Büsche und Bäume müssen ebenfalls ihr Leben lassen, wobei es mehr als einmal dazu kommt, dass ich selbst um mein Leben renne. Manche Bäume sehen eben vom Boden aus betrachtet viel ungefährlicher aus, als sie es letzten Endes sind.

Ebenso widme ich mich in diesem Jahr auch Häkel-, Strick- und Stickarbeiten. Handarbeit steht bei mir momentan ganz hoch im Kurs, denn diese Minuten sind die einzigen des Tages, in denen ich richtig abschalten kann. Zumindest im Arbeitsalltag. In der Wildnis bleibt hierfür glücklicherweise mehr Raum. Und auch Mama Newman wird handarbeitstechnisch tätig und spendiert einen neuen Vorhang für das Wildnis-Haus.

Auch die Familie kommt im Sommer nicht zu kurz. Zehn Monate lang hören Mütter, Großtanten und Cousinen kaum etwas von mir. Hier rächt sich die Selbstständigkeit. Eine Siebentagewoche lässt sich halt nur schwer mit Freizeit und Familie vereinbaren. Umso schöner sind die sommerlichen Sonntage. Jeder bringt etwas mit. Salate, Dips, Kuchen und natürlich alles, was gegrillt werden kann. Außerdem erfinde ich 2019 meinen leckeren Brot-Salat. Den ganzen Sommer über gibt es ihn in verschiedenen Variationen.

Ein besonderes Highlight ist natürlich, wie jedes Jahr, der Bickbeerpfannkuchen-Tag, den ich natürlich auch im Vlog dokumentiert habe. Dieses Mal noch toller, denn die Beeren werden vorher eigenhändig gepflückt. Großmutter Newman, Großtantchen und Laura schleichen stundenlang durch den Wald, um zumindest ein paar Handvoll zu ergattern. Am Ende gibt es zwei Pfannkuchen-Torten. Natürlich gewinnen die selbstgepflückten Beeren gegen die gekauften Blaubeeren aus dem Supermarkt.

Die Regentage zwingen mich viele Stunden in Wollsocken und Kuschelpulli auf der Veranda zu verbringen. Da kann es schon mal passieren, dass man verrückte Ideen bekommt. So entsteht schließlich ein umfangreicher Renovierungsplan für das Wildnis-Schlafzimmer. Definitiv ein Projekt für 2020.

Der große Durchbruch und die große Katastrophe folgen im vierten und letzten Wildnis-Intervall. Zwar läuft das mit dem Schreiben plötzlich wie geschmiert und ich nähere mich dem Finale, doch macht plötzlich die Solaranlage schlapp! Eigentlich verzichte ich in der Wildnis gerne auf die meisten Luxusdinge, wir warmes Wasser, Strom soviel man braucht, wann immer man ihn will und einen Kühlschrank … doch so ganz ohne Strom, das geht dann doch nicht. Zumal das Notebook ja vor dem Schreiben gefüttert werden will. Da muss Laura sich also mal eben ein paar Solar-Skills aneignen und schon luppt es wieder.

Und dann endet die Wildnis auch „schon“ wieder. Nach insgesamt 49 Tagen und knapp 70.000 geschriebenen Wörtern ziehe ich mein Fazit vor der Kamera. Denn zu jeder Wildnis gehören die Wildnis-Vlogs. 42 sind es dieses Jahr geworden. Manche langweilig, manche lustig, manche frustriert. Ganz so, wie das echte Leben halt auch 😉